Digitaler Zwilling: Der hybride Ansatz für nachhaltiges Datenmanagement

Digitale Zwillinge revolutionieren das Datenmanagement in der Industrie – aber wie lassen sich Echtzeit-Datenverarbeitung und langfristige Archivierung effizient kombinieren?

Die Rolle Digitaler Zwillinge im nachhaltigen Produktdatenmanagement

Die Neoception® Digital Twin Infrastructure (DTI) dient der Vereinheitlichung proprietärer Produktdaten aus verschiedenen Quellen (z. B. Sensoren, MES, ERP) in standardisierten digitalen Zwillingen. Diese digitalen Zwillinge bilden die Basis für verschiedene Anwendungsfälle, ermöglichen den globalen Zugriff auf digitale Informationen, unterstützen die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und fördern den Aufbau nachhaltiger sowie resilienter Wertschöpfungsnetzwerke.

Ein wesentliches Merkmal der DTI ist ihr dynamischer Ansatz: Digitale Zwillinge werden nur bei Bedarf erstellt, um redundante Datenhaltung zu vermeiden und sicherzustellen, dass Nutzer stets mit den aktuellsten Informationen arbeiten.

Mit der Einführung der Verordnung (EU) 2024/1781, die einen Rahmen zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte (ESPR) schafft, steigen die Anforderungen an das Management digitaler Produktdaten. Insbesondere die Einführung des Digitalen Produktpasses (DPP) erfordert die langfristige Archivierung zugehöriger Informationen im digitalen Zwilling. Diese Archivierungspflicht stellt eine Herausforderung für digitales Asset-Management dar, das primär auf dynamische Datenverarbeitung ausgelegt ist.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, setzt die DTI auf einen hybriden Ansatz: Die dynamische Datenverarbeitung bleibt das Kernstück, ergänzt durch eine Speicherinfrastruktur für persistente digitale Zwillinge. Dieser Ansatz ist essenziell, da sowohl Echtzeit-Daten als auch langfristige Datenverfügbarkeit für digitale Zwillinge in der Industrie unerlässlich sind.

Der Hybride Ansatz im Detail

Der hybride Ansatz der DTI vereint dynamische Datenverarbeitung und persistente Speicherung in einem gemeinsamen Rahmen. Während aktuelle Informationen unmittelbar bereitgestellt werden, wird gleichzeitig eine zuverlässige Langzeitarchivierung sichergestellt. Abbildung 1 veranschaulicht diesen hybriden Ansatz, bei dem digitale Zwillinge als Asset Administration Shells (AAS) realisiert werden – ein standardisiertes Konzept der Industrie 4.0, das als interoperable Schnittstelle zur Integration und Verwaltung von Daten dient.

Abbildung 1: Hybrider Ansatz der DTI

Im dynamischen Teil der DTI, auch als DTI Core bezeichnet, werden Daten konsolidiert und in ein einheitliches Format überführt, das anschließend über standardisierte Schnittstellen bereitgestellt wird. Die Snapshot Applikation ist die zentrale Komponente des hybriden Ansatzes.

Erstellung von Snapshots: Zuerst wird der aktuelle Stand der AAS über den DTI Core abgefragt. Basierend darauf wird eine Kopie der AAS erstellt, mit einem Zeitstempel versehen und über eine standardisierte Schnittstelle an ein Repository für langfristige Speicherung übertragen. Ein typisches Szenario ist die Produktion eines Assets, beispielsweise eines Sensors. Wird der Herstellungsprozess abgeschlossen und das Asset für den Verkauf freigegeben, erzeugt die Snapshot Applikation automatisch einen Snapshot. Dieser dokumentiert den genauen Zustand der AAS zum Zeitpunkt der Auslieferung. So lässt sich jederzeit nachvollziehen, in welchem Zustand sich der digitale Zwilling befand, was für rechtliche Nachweispflichten essenziell ist.

Zugriff und Verwaltung: Der hybride Ansatz ermöglicht es, sowohl auf Live-Daten aus dem DTI Core zuzugreifen als auch archivierte AASX-Container für bestimmte Zeitpunkte im Lebenszyklus eines Assets abzurufen. Diese Funktionalität bildet eine zuverlässige Basis zur Nachvollziehbarkeit des digitalen Zwillings.

Technische Umsetzung: Zur praktischen Umsetzung werden BaSyx-Komponenten genutzt, die sowohl den Registry Service als auch das persistente Repository bereitstellen. Diese Komponenten garantieren eine zuverlässige Speicherung und Verwaltung der erzeugten Snapshots.

Die Snapshot Applikation bietet zwei Möglichkeiten zur Erstellung und Verwaltung von Snapshots:

  1. Manuelle Snapshots: Benutzer können gezielt den aktuellen Zustand ausgewählter Assets festhalten.
  2. Automatisierte Snapshots: Konfiguration der Applikation zur automatischen Erstellung von Snapshots in regelmäßigen Intervallen zur kontinuierlichen Dokumentation.

Diese Funktionen sind sowohl über den integrierten Viewer als auch über eine REST API zugänglich.

Abbildung 2: Viewer der Snapshot Applikation

Der integrierte Viewer ermöglicht die Konfiguration, Erstellung und Registrierung von Snapshots über eine grafische Benutzeroberfläche. Diese Oberfläche unterstützt sowohl die Verwaltung einzelner Assets als auch ganzer Asset-Gruppen.

Abbildung 3: REST API der Snapshot Applikation

Zusätzlich kann die Snapshot Applikation über eine REST API angesprochen werden, um Snapshots von externen Systemen aus zu erstellen und zu verwalten. Dies erleichtert die Integration in automatisierte Prozesse und ermöglicht eine flexible Nutzung..

Abbildung 4: BaSyx Viewer zur Anzeige von Snapshots

Der BaSyx Viewer ermöglicht die detaillierte Betrachtung und Analyse der gespeicherten Snapshots.

Vorteile des hybriden Ansatzes der DTI

Der hybride Ansatz der DTI kombiniert Flexibilität und Verlässlichkeit des Datenmanagements. Die dynamische Bereitstellung der Daten stellt sicher, dass stets aktuelle Informationen verfügbar sind. Gleichzeitig ermöglicht die persistente Speicherung die Erfüllung langfristiger Archivierungspflichten. Diese Kombination schafft eine zukunftssichere Lösung, die Echtzeitdatenverarbeitung und langfristige Datenverfügbarkeit effizient integriert.